DER BETRIEB
Country-by-Country-Reporting – Neue Herausforderungen für internationale Unternehmen

Country-by-Country-Reporting – Neue Herausforderungen für internationale Unternehmen

Ein wesentliches Ziel der OECD BEPS-Initiative zur Bekämpfung von Gewinnkürzungen und Gewinnverlagerungen in international tätigen Unternehmensgruppen ist die Schaffung von Transparenz. Offenbar erhoffen sich die Finanzpolitiker der beteiligten Länder durch die Erhöhung der Transparenz ein Korrektiv im Kampf gegen sog. aggressive Steuerplanung, welches internationale Unternehmen zur Zurückhaltung bei der Optimierung ihrer steuerlichen Verhältnisse bewegen und zugleich gesetzgeberische Lücken zeitnah aufdecken soll. Ausgeblendet wird von der Politik dagegen, dass durch die neue Transparenz ein globaler Verteilungskampf um den vermeintlich „fairen“ Anteil am Steueraufkommen befördert wird. Zugleich droht das in Deutschland verankerte Steuergeheimnis für den Zweck des „Fair Share of Tax“ aufgeweicht zu werden. Die Unternehmen stellen die geplanten Neuregelungen vor große Herausforderungen.

Empfehlungen der OECD und Steuergeheimnis

Nach den Vorstellungen der OECD sollen internationale Unternehmen mit einem globalen Umsatz von mindestens 750 Mio. € für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31.12.2015 beginnen, die globale Verteilung der Umsätze, Gewinne, gezahlten Steuern, Anzahl der Arbeitnehmer etc. bei der Finanzbehörde der Muttergesellschaft offenlegen. Die Daten sollen sodann im Wege des internationalen Informationsaustausches unter bestimmten Bedingungen, insb. des Vertraulichkeitsschutzes, an die Finanzbehörden weltweit weitergegeben werden. Die Sorge bleibt, dass die Daten in unbefugte Hände gelangen, zumal die Stpfl. keinen Einfluss auf den Informationsaustausch haben werden.

EU geht noch weiter

Auf Ebene der EU gehen die Bestrebungen noch weiter, indem eine breitere Offenlegungspflicht von bestimmten Daten für alle internationalen Unternehmen entsprechend den bereits beschlossenen Richtlinien für Banken und Rohstoffunternehmen diskutiert wird. Die Sinnhaftigkeit einer solchen breiten Veröffentlichung von wettbewerbsrelevanten Informationen darf bezweifelt werden.

Risiken der Fehlinterpretation und Doppelbesteuerungen

Auch wenn die OECD die Daten nicht für eine formelhafte Gewinnverteilung verwenden will, wird das Risiko von Fehlinterpretationen und damit das Risiko von Doppelbesteuerungen über das jetzt schon bestehende Ausmaß ansteigen. Es liegt nahe, dass Quellenländer wie z.B. China oder Indien die neuerdings verfügbaren Informationen über eine global aufgestellte Unternehmensgruppe dazu nutzen werden, um den auf ihr Land zu allokierenden Gewinn und damit auch den Anteil am Steueraufkommen zu erhöhen. Aber auch in Europa sind angesichts klammer Staatshaushalte Begehrlichkeiten zu erwarten. Es besteht die Gefahr, dass der Datenwust des Country-by-Country-Reports durch die Bildung von ein paar Kennzahlen in vermeintlich schlagende Argumente verwandelt wird.

Betroffene Unternehmen sollten sich gut vorbereiten

In Anbetracht dieser Risiken sollten sich betroffene Unternehmen gut auf die Berichtspflichten vorbereiten. Ziel sollte es sein, möglichst bald einen Report mit Hilfe von Vergangenheitsdaten zu simulieren. Hierbei sind verschiedene Vorfragen zu klären, wie z.B.: Wo und in welcher Beschaffenheit sind die Daten verfügbar? Wer ist bei der Datensammlung einzubeziehen? Wie soll der Datensammlungsprozess durchgeführt werden?

Ein solcher Testlauf vermittelt ein erstes Eigenbild der Gruppe, gibt Aufschluss über die Komplexitäten bzw. Engpässe im Datenbeschaffungsprozess und dient als Grundlage für die Identifizierung der spezifischen Risikofelder des Unternehmens.

Risiken der Fehlinterpretationen und Doppelbesteuerungen minimieren

Bei der Analyse und Auswertung der Reportsimulation wird es darum gehen, die Risikofelder, aber auch Opportunitäten zu identifizieren, um daraus Maßnahmen zur Risikominimierung zu definieren.

Darauf basierend sollte eine gute Dokumentationsbasis sowohl zentral als auch lokal geschaffen werden. Eine wichtige Rolle werden dabei Master und Local File spielen, welche aufgrund der OECD-Vorschläge neue Anforderungen erfüllen müssen. Masterfile, Local File und Country-by-Country-Report sollten aufeinander abgestimmt sein und ein widerspruchsfreies Bild der Gruppe zeichnen.

Fazit

Das Country-by-Country-Reporting wird ein hohes Potenzial an Fehlinterpretationen durch die beteiligten Finanzbehörden mit sich bringen. Internationale Unternehmen sollten sich frühzeitig auf die neuen Berichtspflichten vorbereiten, um das Risiko von Doppelbesteuerungen möglichst gering zu halten. Eine breite Veröffentlichung von globalen Informationen, wie sie auf EU-Ebene diskutiert wird, höhlt das Steuergeheimnis weiter aus und kann überdies schädigend für den internationalen Wettbewerb sowie den Standort Europa sein. Die deutsche Finanzpolitik ist aufgerufen, die Vertraulichkeit des Reports sicherzustellen und effiziente Schiedsverfahren im Falle von Streitigkeiten auf internationaler Ebene zu vereinbaren.

StB Oliver Mattern, Partner bei KPMG in Berlin