Bundesfinanzhof
Bundesfinanzhof Urt. v. 24.06.2015, Az.: I R 29/14

Bundesfinanzhof
Urt. v. 24.06.2015, Az.: I R 29/14

Steuerliche Anerkennung der Gewährung eines ungesicherten Darlehens unter Kapitalgesellschaften in einem Konzern

Amtlicher Leitsatz

1. Aufgrund des sog. Rückhalts im Konzern kann es fremdvergleichsgerecht sein, bei einer Darlehensgewährung zwischen Kapitalgesellschaften in einem Konzern von Sicherheiten abzusehen (Bestätigung des Senatsurteils vom 29. Oktober 1997 I R 24/97, BFHE 184, 482, BStBl II 1998, 573 [BFH 29.10.1997 - I R 24/97]). Der Konzernrückhalt lässt jedoch keinen Schluss auf die Rückzahlung der Darlehensverbindlichkeit durch die Tochtergesellschaft und damit die Werthaltigkeit des Rückforderungsanspruchs aus dem gewährten Darlehen zu (Abweichung vom BMF-Schreiben vom 29. März 2011, BStBl I 2011, 277, dort unter 3.).

2. Der abkommensrechtliche Grundsatz des "dealing at arm's length" nach Art. 9 Abs. 1 OECD-MustAbk (hier: nach Art. IV DBA-Großbritannien 1964) ermöglicht eine Einkünftekorrektur nach nationalen Vorschriften der Vertragsstaaten (hier: nach § 1 Abs. 1 AStG i.d.F. bis zur Änderung durch das StVergAbG vom 16. Mai 2003, BGBl I 2003, 660, BStBl I 2003, 321) nur dann, wenn der zwischen den verbundenen Unternehmen vereinbarte Preis (hier: der Darlehenszins) seiner Höhe, also seiner Angemessenheit nach dem Fremdvergleichsmaßstab nicht standhält. Er ermöglicht indessen nicht die Korrektur einer Abschreibung, die (nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG 2002) auf den Teilwert der Forderung auf Rückzahlung der Darlehensvaluta und auf Zinsrückstände vorzunehmen ist, weil die inländische Muttergesellschaft das Darlehen ihrer ausländischen (hier: englischen) Tochtergesellschaft in (ggf.) fremdunüblicher Weise unbesichert begeben hat (Bestätigung des Senatsurteils vom 17. Dezember 2014 I R 23/13, BFHE 248, 170; Abweichung vom BMF-Schreiben vom 29. März 2011, BStBl I 2011, 277, dort unter 3.). Die fehlende Besicherung schlägt sich insoweit nur im entsprechend bepreisten Zins nieder (Bestätigung des Senatsurteils vom 21. Dezember 1994 I R 65/94, BFHE 176, 571).

Tenor:

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Finanzgerichts Düsseldorf vom 28. März 2014 6 K 4087/11 F wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des gesamten Rechtsstreits fallen dem Beklagten zur Last.

Gründe

I.

1

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine GmbH mit einem abweichenden Wirtschaftsjahr vom 1. November bis zum 31. Oktober, betrieb im Streitjahr 2002 einen Handel mit Waren über das Internet. Ihre alleinige Gesellschafterin war die in Kanada ansässige X.

2

Am 19. April 2000 hatte die Klägerin mit einer in Großbritannien ansässigen Tochtergesellschaft, der 2000 gegründeten und —nach einer Kapitalerhöhung— mit einem Nennkapital von 50.000 £ ausgestatteten J Ltd., einen Darlehensvertrag geschlossen, nach welchem die Klägerin der Darlehensnehmerin über verschiedene Transferzahlungen Kapital zur Verfügung stellen sollte. Eine konkrete Darlehenssumme wurde nicht vereinbart. Vereinbart wurde eine jährliche Verzinsung mit 5 v.H., nicht jedoch die Gestellung von