DER BETRIEB
CSR-Richtlinie-Umsetzungsgesetz: Gesellschaftliche Verantwortung und Wertewandel – Neue Herausforderungen und Chancen für die Nachhaltigkeit

CSR-Richtlinie-Umsetzungsgesetz: Gesellschaftliche Verantwortung und Wertewandel – Neue Herausforderungen und Chancen für die Nachhaltigkeit

Prof. Dr. Hans-Joachim Böcking

Prof. Dr. Hans-Joachim Böcking
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Der Bundestag hat am 09.03.2017 das Gesetz zur Stärkung der nichtfinanziellen Berichterstattung der Unternehmen in ihren Lage- und Konzernlageberichten (CSR-Richtlinie-Umsetzungsgesetz) verabschiedet. Mit der Transformation der CSR-Richtlinie in nationales Recht integriert der Gesetzgeber das gesellschaftliche Verlangen nach mehr nachhaltiger Verantwortung von Unternehmen in die gesetzlichen Rahmenbedingungen. Künftig werden kapitalmarktorientierte Unternehmen, Kreditinstitute und Versicherungsunternehmen mit jahresdurchschnittlich mehr als 500 Arbeitnehmern sowie einer Bilanzsumme von mehr als 20 Mio. € oder Umsatzerlöse von mehr als 40 Mio. € in einer nichtfinanziellen Erklärung Rechenschaft über nichtfinanzielle Belange ablegen müssen.

Inhalt und Prüfung der nichtfinanziellen Erklärung

Die gesellschaftliche Verantwortung der Organe der Unternehmen rückt mit dem CSR-Richtlinie-Umsetzungsgesetz (CSR-RUG) weiter in den Vordergrund und es wird dem Wertewandel in der Gesellschaft im Hinblick auf die Nachhaltigkeit im Sinne einer Corporate Social Responsibility Rechnung getragen. Hieraus ergeben sich neue Herausforderungen und Chancen für die Unternehmen im Wettbewerb. Mit Verspätung werden nun rückwirkend zum 01.01.2017 nichtfinanzielle Informationen zu fünf Berichtsaspekten – Umwelt-, Arbeitnehmer-, Sozialbelange, Achtung der Menschenrechte sowie Bekämpfung von Korruption und Bestechung – integriert in den (Konzern-)Lagebericht als nichtfinanzielle Erklärung oder als gesonderter nichtfinanzieller (Konzern-)Bericht (§§ 289b und 315b HGB) für das Geschäftsjahr 2017 verpflichtend. Innerhalb der nichtfinanziellen Erklärung im (Konzern-)Lagebericht oder des gesonderten nichtfinanziellen (Konzern-)Berichts werden Unternehmen verpflichtet, untergliedert in die fünf Berichtsaspekte, weitere konkretisierende Angaben bezüglich verfolgter Konzepte unter Darlegung der resultierenden Ergebnisse, wesentlicher Risiken der eigenen Geschäftstätigkeit und der Geschäftsbeziehungen, bedeutsamer nichtfinanzieller Leistungsindikatoren sowie Hinweise auf ausgewiesene Beträge im Jahres- bzw. Konzernabschluss, offenzulegen. Neben diesen Informationen hat eine kurze Beschreibung des Geschäftsmodells zu erfolgen (vgl. §§ 289c und 315c HGB). Nach § 171 Abs. 1 AktG sieht der Gesetzgeber explizit eine inhaltliche Prüfungspflicht der nichtfinanziellen Erklärung bzw. des gesonderten nichtfinanziellen Berichts durch den Aufsichtsrat vor. Mit der erstmaligen Aufnahme eines Wahlrechts zur externen inhaltlichen Überprüfung in § 111 Abs. 2 Satz 4 AktG wird klargestellt, dass es notwendig sein könnte, die nichtfinanzielle Erklärung oder den gesonderten nichtfinanziellen Bericht ebenfalls durch den Abschlussprüfer inhaltlich prüfen zu lassen, „damit der Aufsichtsrat seine eigene Pflicht zur Prüfung der nichtfinanziellen Berichterstattung (§ 171 Abs. 1 HGB-E) sachgerecht erfüllen kann“ (Begründung zu § 111 Abs. 2 Satz 4 AktG-E). Eine explizite inhaltliche Prüfungspflicht wurde vom Gesetzgeber in § 317 Abs. 2 Satz 4 HGB nicht vorgenommen, da die EU-Richtlinie hierzu keine inhaltliche Pflichtprüfung vorsieht und der Gesetzgeber bemüht ist, nur eine 1:1-Umsetzung vorzunehmen. Gleichwohl wird der Aufsichtsrat gut beraten sein, den Abschlussprüfer zusätzlich zu beauftragen, die nichtfinanzielle Berichterstattung auch inhaltlich zu prüfen, da bisher bereits durch die Umsetzung des Bilanzrechtsreformgesetzes (BilReG) im Jahr 2004 entsprechend der § 289 Abs. 3 HGB für den Lagebericht und nach § 315 Abs. 1 Satz 4 HGB für den Konzernlagebericht die nichtfinanziellen Leistungsindikatoren wie z.B. Umwelt- und Arbeitnehmerbelange durch den Aufsichtsrat inhaltlich zu prüfen sind und gem. § 317 Abs. 2 Satz 1-3 HGB der inhaltlichen Prüfungspflicht durch den Abschlussprüfer unterliegen. Mit dem CSR-RUG ist nunmehr eine Konkretisierung bzgl. der nichtfinanziellen Leistungsindikatoren erfolgt (vgl. §§ 289b und c, 315b und c HGB).

Beurteilungsschwierigkeiten

Ob die Verlässlichkeit nichtfinanzieller Leistungsindikatoren wirklich schwieriger zu beurteilen ist, als die der finanziellen Leistungsindikatoren, wie vielfach behauptet wird, darf bezweifelt werden. Abschlussprüfer, die z.B. die Entsorgungsverpflichtungen von (Kern-)Kraftwerken oder die Fair Values in Bankbilanzen beurteilen können müssen, dürften auch mit nichtfinanziellen Leistungsindikatoren umgehen können. Hinweise, dass es z.B. bei der Finanzberichterstattung um Preiseffizienz und nicht um wirtschafts- und gesellschaftspolitische Ziele ginge, und daher eine Trennung der Berichterstattung sinnvoll sein könnte, vermögen ebenfalls kaum zu überzeugen, da die nichtfinanziellen Leistungsindikatoren zunehmend die Börsenkurse von Unternehmen beeinflussen. Physikalische Messungen zur Beurteilung von Umweltbelangen sind möglich, wie die Dieselgate-Affäre zeigt. Verstöße gegen Arbeitsschutzgesetze und Menschenrechte, wie z.B. Kinderarbeit, dürften augenscheinlich nachprüfbar sein, dies gilt auch für Fragen der Korruptionsbekämpfung. Hinweise darauf, dass man für die internationale Lieferkette nicht verantwortlich gemacht werden dürfe, lassen darauf schließen, dass es einer Überprüfung der gesellschaftlichen Verantwortung im Unternehmensinteresse bedarf. Z.B. hat ein namhaftes Unternehmen bereits vor einigen Jahren einen regionalen Markt mit dem Hinweis auf Korruption und der damit verbundenen Verantwortung für die Mitarbeiter aufgegeben.